16.09.2025 Ausgabe: 6/2025

Eine individualvertragliche Vereinbarung liegt nicht allein deshalb vor, weil der Vermieter dem Mieter zwei Wahlmöglichkeiten lässt.

(BGH, Beschluss vom 8.4.2025 – Az. VIII ZR 245/22)

Das Thema

Im Rahmen der Überprüfung der Wirksamkeit mietvertraglicher Vereinbarungen ist entscheidend, ob es sich um Individualvereinbarungen oder um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) handelt, die zusätzlich der Klauselkontrolle nach §§ 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unterliegt. Eine AGB liegt immer dann vor, wenn die Regelung eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung darstellt, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen bei Vertragsschluss stellt, § 305 Abs. 1 BGB. Eine Regelung ist zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt und damit nicht im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB „gestellt,“ wenn der Verwender die Regelung inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und seinem Vertrags

partner die reale Möglichkeit zur inhaltlichen Ausgestaltung und Beeinflussung eröffnet. Ob diese Voraussetzungen auch dann erfüllt sind, wenn dem Mieter eine Wahlmöglichkeit gegeben wird, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem nachfolgenden Beschluss entschieden:

Der Fall

Die Klägerin mietete von der beklagten Vermieterin ab dem 1. Februar 2017 eine Wohnung in Berlin, einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt. Der Mietvertrag selbst umfasst eine Staffelmietvereinbarung sowie eine Mindestlaufzeit mit Quotenabgeltungsklausel für Schönheitsreparaturen bei vorzeitigem Auszug. Nachdem das Mietverhältnis zum 31. März 2020 beendet war, forderte die Klägerin einen Teil der aufgrund der Staffelmietvereinbarung gezahlten Miete – die Klägerin rügt einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB) – sowie eines Teils der Kaution, die die Beklagte unter Berufung auf anteilige Schönheitsreparaturkosten einbehielt. Gegen den vorinstanzlichen Erfolg der Klägerin wendet sich die Beklagte mit der Revision. Ohne Erfolg.

Zunächst steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der in den Monaten März 2019 bis März 2020 gezahlten Miete in Höhe eines Teilbetrags zu; dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht. Denn die getroffene Staffelmietvereinbarung ist wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) in der seit 1. Juni 2015 geltenden Fassung in Verbindung mit der Ersten Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 in Teilen unwirksam. Weiter ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution begründet, insbesondere auch fällig. Der Beklagten steht aufgrund der vereinbarten Quotenabgeltungsklausel – diese ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH unwirksam – kein Anspruch auf Zahlung der für die Renovierung der Wohnung aufzuwendenden Kosten zu, mit dem sie hätte wirksam aufrechnen können. Die Klausel wurde auch nicht individuell ausgehandelt. Zwar wurde der Klägerin eine Wahlmöglichkeit zwischen zwei von der Beklagten vorformulierten Vertragsbedingungen – ein Vertragsentwurf mit Schönheitsreparaturklausel und geringerer Miete sowie ein Entwurf ohne Klausel mit höherer Miete – eingeräumt; eine solche Wahlmöglichkeit erfüllt jedoch die Voraussetzungen an das „Aushandeln“ individualvertraglicher Konditionen nicht. Aushandeln bedeutet mehr als verhandeln. Eine Individualabrede liegt demnach nur vor, wenn der Inhalt der Regelung ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen eingeräumt wird. Der Vertragspartner muss die tatsächliche Möglichkeit haben, die Regelung inhaltlich zu beeinflussen, was bei einer Wahl von lediglich zwei vorgegebenen Alternativen nicht der Fall ist.

VERWALTERSTRATEGIE

Aus dem vorstehenden Beschluss lässt sich entnehmen, dass allein der Umstand, dass dem Mieter die Wahl zwischen zwei vorformulierten Möglichkeiten – konkret der Übernahme der Schönheitsreparaturen und der Zahlung einer niedrigeren Miete einerseits sowie einer höheren Mietzahlung bei Nichtausführung von Schönheitsreparaturen andererseits – im Rahmen der Vertragsverhandlungen eröffnet wird, nicht die Voraussetzung an ein Aushandeln im Sinne einer Individualvereinbarung erfüllt. Aushandeln ist mehr als verhandeln; es muss die tatsächliche Möglichkeit der inhaltlichen Einflussnahme bestehen. Eine Individualvereinbarung wäre daher im vorstehenden Fall nur dann anzunehmen gewesen, wenn nicht nur die Wahl zwischen zwei vorformulierten, im Einzelnen nicht ausgehandelten Regelungen bestanden hätte, sondern auch die reale Möglichkeit, den Inhalt zu beeinflussen durch das Einbringen oder Streichen von nicht vorformulierten Positionen.

VDIV Aktuell Autorin - Franziska Bordt
Bordt, Franziska

Selbstständige Rechtsanwältin, 
Vorstandsmitglied, Referentin Recht 
VDIV Bayern