11.08.2025 Ausgabe: 5/2025

Zwischen Preisdruck und Pflicht

Wie CO2-Kosten und ESG-Vorgaben energetische Sanierungen bestimmen und wie man sie effizient plant.

Die energetische Sanierung von Wohngebäuden war lange eine Empfehlung. Inzwischen ist sie eine Notwendigkeit. Immobilienverwaltungen stehen unter steigendem Handlungsdruck – regulatorisch, wirtschaftlich und kommunikativ. Spätestens mit der Einführung des EU-Emissionshandels ETS-2 im Jahr 2027 und der laufenden Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) sowie den Anforderungen aus der EU-Taxonomie werden Maßnahmen zur Energieeinsparung verpflichtend. Parallel werden die Kosten für CO2-Zertifikat rapide steigen. Wer nicht gegensteuert, riskiert nicht nur höhere Betriebskosten, sondern auch Wertverluste und Reputationsrisiken gegenüber Eigentümergemeinschaften.

Laut einer im Handelsblatt veröffentlichten Analyse des Berliner Climate-Tech Purpose Green könnten sich die CO2-Preise bis 2040 um mehr als 600 Prozent erhöhen – von 55 Euro Pro Tonne im Jahr 2025 auf über 400 Euro im Worst-Case-Szenario. Bereits ein moderater Anstieg auf 150 Euro pro Tonne hätte zur Folge, dass sich diese Kosten pro Quadratmeter für energetisch ineffiziente Gebäude nahezu verdreifachen würden, wobei sie seit 2023 nicht mehr ohne Weiteres auf Mieter umgelegt werden dürfen. Für energetisch besonders schlechte Gebäude bedeutet das: Bis zu 95 Prozent der CO2-Abgaben müssen von Eigentümern allein getragen werden. Damit ist es an den Verwaltungen, Eigentümergemeinschaften aktiv auf energetische Sanierungspotenziale hinzuweisen und Lösungen vorzuschlagen.

Beispiele aus der Praxis

Die gute Nachricht: Energetische Sanierungen sind nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich attraktiv. In der Praxis lassen sich Einsparungen beim Energieverbrauch je nach Gebäude und möglichen Sanierungsmaßnahmen von bis zu 75 Prozent realisieren. Zugleich können Heizkosten um fast ein Drittel gesenkt, CO2-Emissionen deutlich gemindert und der Immobilienwert stabilisiert oder sogar um bis zu 30 Prozent gesteigert werden. In einem großen Mehrfamilienhaus mit 100 Wohneinheiten konnte bei den CO2-Emissionen ein Einsparpotenzial von fast 60 Prozent (ca. 265 Tonnen) identifiziert werden. Die Heizkosten würden um rund 25 Prozent sinken. Fördermittel können bei diesem Beispiel rund zehn Prozent der Gesamtinvestitionen abdecken. In einem anderen Objekt mit hohem Energiebedarf konnte eine Energieeinsparung von über 80 Prozent und eine CO2-Reduktion um mehr als zwei Drittel erreicht werden. Beide Projekte zeigen: Sanierungen zahlen sich aus – wenn sie gut geplant, fördermitteloptimiert kalkuliert und fachlich versiert umgesetzt werden.

Besonders eindrücklich ist folgendes Beispiel aus der Verwaltungspraxis: Für ein Objekt mit 24 Wohneinheiten und zwei Gewerbeeinheiten wurde ein Maßnahmenpaket kalkuliert, das ausschließlich auf regenerative Technologien setzt: eine Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Pufferspeicher, eine vernetzte Regelungstechnik sowie eine Photovoltaik-Anlage auf 120 Quadratmetern Dachfläche. Trotz des Verzichts auf Dämmung oder neue Fenster kann die Energieeffizienzklasse von F auf C deutlich verbessert werden. Die jährliche Energieeinsparung liegt voraussichtlich bei 59 Prozent, die CO2-Emissionen können um rund 20 Tonnen pro Jahr sinken. Bei einer Gesamtfläche von rund 1.700 Quadratmetern belaufen sich die Sanierungskosten auf circa 270.000 Euro, mögliche Fördermittel in Höhe von fast 68.000 Euro wurden ermittelt. Der Sanierungsfahrplan ist modular aufgebaut und zeigt, dass auch mit vergleichsweise niedrigem Mitteleinsatz große Effekte erzielt werden können.

Wege zur effizienten Sanierungsplanung

Wer solche Ergebnisse erzielen will, benötigt valide Gebäudedaten – eine der größten Herausforderungen für Verwaltungen. Ob Energieausweise, Verbrauchskennzahlen, Sanierungshistorien oder Förderoptionen – viele Informationen sind nicht digital verfügbar oder liegen nur fragmentarisch vor, was die Entscheidungsfindun auf Objekt- wie Portfolio-Ebene verzögert.

Eine solche Planung braucht eine fundierte, digital gestützte Grundlage. Der sogenannte „Energy Light Report“ im Green+ Portal von Purpose Green ist ein Beispiel dafür. Das Tool liefert innerhalb weniger Minuten eine präzise Ersteinschätzung zum energetischen Ist-Zustand eines Objekts – inklusive CO2-Kostenprognose, Einsparpotenzialen, Fördermöglichkeiten und empfehlenswerten Sanierungsoptionen. So lassen sich Maßnahmen nicht nur zielgerichtet vorbereiten, sondern auch gegenüber Beiräten, Eigentümern und externen Dienstleistern verständlich darstellen.

Die Rolle der Immobilienverwaltungen in diesem Prozess verändert sich: Sie werden zu Lotsen im Spannungsfeld von Energieeffizienz, ESG-Nachweispflichten und Kostenentwicklung. Dabei geht es nicht nur darum Mehrwerte zu schaffen, sondern auch Vertrauen zu stärken, etwa mit belastbaren Vorschlägen zur Förderstrategie und realistischen Zeitplänen. Die Verpflichtung zur energetischen Sanierung bietet somit auch Chancen, nämlich die wirtschaftliche Resilienz und Nachhaltigkeit von Wohnanlagen zu stärken. Digitale Werkzeuge, strukturiertes Vorgehen und transparente Kommunikation können dabei helfen, heute zu handeln, um nicht nur das Klima zu schützen, sondern auch das eigene Mandat.

VDIV Aktuell Autorin - Liane Hänisch
Hänisch, Liane

Energieeffizienzexpertin 
Purpose Green Real Estate GmbH
www.purpose-green.com