Mietrecht

Beginn von Sanierungsarbeiten an Wohnung erst nach Schlüsselübergabe des Mieters an den Vermieter

Der Vermieter darf erst mit den Sanierungsarbeiten in einer Mietwohnung beginnen, wenn der Mieter die Schlüssel zur Wohnung dem Vermieter tatsächlich übergeben hat. Selbst wenn dem Vermieter aufgrund einer Vereinbarung ein Duldungsanspruch gegen den Mieter zusteht, muss dieser Anspruch erst gerichtlich durchgesetzt werden. Die Besitzstörung in Form der teilweisen Zerstörung der Wohnung durch den Vermieter stellt eine verbotene Eigenmacht dar.

Der Fall

Im Rahmen einer gesamten Gebäudesanierung verhandelte die Vermieterin Anfang des Jahres 2020 mit den Mietern einer in dem Objekt gelegenen Dachgeschosswohnung über die Modalitäten der Sanierung der Wohnung und insbesondere über die Frage, ob die Mieter die Wohnung vorübergehend verlassen sollten. Grundsätzlich waren sich die Parteien darüber einig, dass ein vorübergehender Umzug der Mieter für einige Wochen erforderlich sein würde und als Ausweichquartier von der Vermieterin ein Ein-Zimmer-Apartment im Erdgeschoss des Hauses zur Verfügung gestellt werden sollte.

Die Mieter räumten ihre persönlichen Sachen aus ihrer Wohnung und erhielten die Schlüssel für die Wohnung im Erdgeschoss, die allerdings noch erhebliche Mängel aufwies. So ließ sich etwa die Badezimmertür nicht verschließen und die Elektrik der Pantryküche war nicht angeschlossen, so dass die Mieter den Einzug verweigerten. Die Mietwohnung im Dachgeschoss hatten sie lediglich abgeschlossen, behielten aber weiterhin die Schlüssel.

Am nächsten Tag sollten den Handwerkern der Vermieterin die Schlüssel übergeben werden, wozu es jedoch nicht kam. Daraufhin ließ die Vermieterin in der Wohnung der Mieter einen Wanddurchbruch vornehmen, um Zutritt zu der Wohnung zu ermöglichen. In der Folge wurden auch Innenwände sowie die Decken der Wohnung und die Wand neben der Wohnungseingangstür entfernt. Auch kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos, da die Mieter den Sachverhalt in der Presse ausschlachteten. Die Mieter beantragten per einstweiliger Verfügung gegen die Vermieterin, die Bewohnbarkeit und Abgeschlossenheit der Wohnung wiederherzustellen.

Die Entscheidung

Das zuständige Amtsgericht entschied zugunsten der Mieterin und begründete seine Entscheidung damit, dass den Mietern gemäß § 862 BGB ein Anspruch auf Wiederherstellung der Bewohnbarkeit der Wohnung und der Einräumung des Besitzes zusteht. Die Mieter können nach Ansicht des Gerichts die Beseitigung der Störung des Besitzes verlangen, da sie nach wie vor über die Schlüssel zur Wohnung verfügen und damit Besitzer der Wohnung sind. Die Vermieterin hat den Besitz der Mieter durch verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB gestört, indem sie ohne den Willen der Mieter die Wohnung teilweise dadurch zerstört hat, dass sie die Decken, Fenster und teilweise die Innenwände entfernen ließ.

Die Mieter waren mit dem Weiterbau bzw. den weiteren Abbrucharbeiten insgesamt nicht einverstanden, weil es noch an einer abschließenden Einigung fehlte. Das Gericht führt in seiner Begründung aus, dass sich die Besitzstörung in Form der teilweisen Zerstörung der Wohnung durch die Vermieterin ohne Weiteres als verbotene Eigenmacht darstellt, da es noch keine förmliche Übergabe der Schlüssel an die Vermieterin gegeben hatte. Mithin konnte und durfte die Vermieterin nicht annehmen, dass die Mieter mit der Durchführung der Arbeiten einverstanden sind. Insbesondere durfte die Vermieterin nicht davon ausgehen, dass sie sich trotz der von den Mietern verschlossen zurückgelassenen Tür durch den Abbruch der Außenwände Zugang zu der Wohnung verschaffen durfte. Ein Einverständnis der Mieter lag offensichtlich nicht vor, nachdem sie nicht zum vereinbarten Termin der Schlüsselübergabe erschienen waren. Die Vermieterin hätte einen etwaigen Anspruch auf Duldung der Sanierungsarbeiten zunächst gerichtlich durchsetzen müssen und hätte nicht zur Selbsthilfe greifen dürfen. Dies hat zur Folge, dass den Mietern ein Anspruch auf Wiedereinräumung des Alleinbesitzes an der Wohnung zusteht.

AG Köln, Urteil vom 07.05.2020 – 222 C 84/20