WEG-Recht

Bei Hausgeldärger darf WEG Lastschriftabrede kündigen

Das gegenüber Hausgeldforderungen ein grundsätzliches Aufrechnungsverbot besteht, ist für professionelle Wohnungseigentumsverwalter Basiswissen. Jetzt gibt der Bundesgerichtshof (BGH) Schützenhilfe im Umgang mit Lastschrift-Muffeln. Mit Urteil vom 29.01.2016 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 97/15 hatte der Bundesgerichtshof sich mit einem Fall zu befassen, in dem ein bockiger Wohnungseigentümer auf einen bockigen Wohnungseigentumsverwalter traf und es letztlich zu einer Hausgeldklage der WEG kommen musste. Der Fall ging hoch bis nach Karlsruhe.

Der Fall

Die Beklagten – möglicherweise Eheleute – sind Mitglieder der auf Hausgeld klagenden WEG in Hannover. Sie erteilten dem Verwalter eine Einzugsermächtigung zu Lasten ihres Kontos. Eine Pflicht zur Teilnahme am Lastschriftverfahren ergibt sich weder aus der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) noch aufgrund eines Beschlusses (also beispielsweise eines Beschlusses nach § 21 Abs. 7 WEG).

Für 2013 hatten die Beklagten monatlich EUR 258,63 zu zahlen. Nachdem der Verwalter eine Nachzahlung aus der Jahresabrechnung 2012 abgebucht hatte, wandten die Beklagten ein, es sei eine Vorauszahlung von EUR 13,00 nicht berücksichtigt worden. Außerdem hätten sie für die Monate Januar bis April 2013 insgesamt EUR 20,00 zu viel bezahlt. Sie teilten dem Verwalter daher mit, im Juli 2013 sei nur die Abbuchung des um EUR 33,00 reduzierten Betrags gestattet und nach erfolgter Korrektur dürfe in den Folgemonaten wieder der volle monatliche Betrag eingezogen werden. Der Verwalter buchte im Juli 2013 EUR 238,63 vom Konto der Beklagten ab, also EUR 20,00 weniger aufgrund der Zuvielzahlung. Die Beklagten beschwerten sich mit Schreiben von Ende Juli 2013, in dem es u. a. heißt: „Der rechtswidrige Zugriff auf unser Konto in nicht genehmigter Höhe trägt demnach den Charakter eines Diebstahls. Bedenken Sie bitte, dass die Diebstahl ein Straftatbestand ist.“ Darauf hin teilte der Verwalter den Eheleuten mit, dass er ab September 2013 von der Einzugsermächtigung keinen Gebrauch mehr machen wolle, weil der genehmigte Betrag (EUR 225,63) die berechtigte Hausgeldforderung der WEG unterschreite. Die Beklagten antworteten, die Begrenzung habe ausschließlich für Juli 2013 gegolten und ab August 2013 dürfe wieder der volle Betrag von EUR 258,63 eingezogen werden. Der Verwalter zog in der Folgezeit keine Hausgelder ein, die Beklagten nahmen keine weiteren Überweisungen vor und richteten auch keinen Dauerauftrag ein. Mit der Hausgeldklage fordert die WEG EUR 1.293,15 für die Monate September 2013 bis Januar 2014 nebst Zinsen ein.

Die Entscheidung

Der BGH bestätigt die Ansicht der Vorinstanzen (AG Hannover, LG Lüneburg, ZMR 2015, 626), dass die Hausgeldklage begründet war und die Beklagten alle Prozesskosten tragen müssen. Zwar werde durch die Lastschriftabrede die Zahlungsverpflichtung des Hausgeldschuldners zu einer Holschuld (§ 269 BGB), so dass der Hausgeldschuldner lediglich dafür zu sorgen habe, dass zum Zeitpunkt der Fälligkeit ausreichend Deckung auf seinem Konto vorhanden ist. Vorliegend habe die WEG die Lastschriftabrede jedoch wirksam gekündigt. Ein „Hausverwalter“ könne eine mit einem Wohnungseigentümer vereinbarte Lastschriftabrede kündigen, wenn dieser an seiner (fehlerhaften) Ansicht festhalte, mit einer streitigen Gegenforderung gegenüber einer Beitragsforderung der WEG aufrechnen zu dürfen, und daraus weitere Konflikte drohen – im vorliegenden Fall durch die aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten bis hin zum Vorwurf der Strafbarkeit seitens der Beklagten. Da die Beklagten auf ihrem irrigen Standpunkt, aufrechnen zu dürfen, beharrten, habe die „Hausverwaltung“ mit Rücklastschriften rechnen müssen, ferner mit einer Strafanzeige, so dass es berechtigt gewesen sei, keinen Hausgeldeinzug vom Konto mehr vorzunehmen.

Gegenüber Beitragsforderungen der WEG darf ein Wohnungseigentümer grundsätzlich nur mit solchen Forderungen aufrechnen, die anerkannt (unstreitig) oder rechtskräftig festgestellt sind.

Fazit für den Verwalter

Es gibt ein vorrangiges Interesse der WEG daran, das eigene Finanz- und Rechnungswesen nicht durch Hausgeldschulden in Schieflage bringen. Daher darf gegenüber Hausgeldforderungen grundsätzlich nicht aufgerechnet und auch kein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt werden. Ausnahmefälle sind anerkannte, also unstreitige, Gegenforderungen sowie rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen. Denn derartige Gegenforderungen sind dem Streit zwischen WEG und Hausgeldschuldner entzogen. Im vorliegenden Fall hatte der Verwalter der WEG offenbar anhand der Kontoauszüge für 2013 feststellen können, dass in der Tat EUR 20,00 zu viel gezahlt wurden. Diese Gegenforderung war mithin unstreitig und von ihm anerkannt, indem er im Juli nur EUR 238,63 statt EUR 258,63 vom Konto abbuchte. Die von den Beklagten ferner beanstandeten EUR 13,00 an Vorauszahlungen in der Jahresabrechnung 2012 betrachtete der WEG-Verwalter dagegen nicht als unstreitig, und zwar offenkundig zu recht, da die Jahresabrechnung 2012 bestandskräftig beschlossen gewesen sein dürfte (was aus dem Fall nicht eindeutig hervorgeht).

Will ein Wohnungseigentümer geltend machen, dass in der Jahresabrechnung von ihm tatsächlich geleistete Vorauszahlungen fehlen, muss er die beschlossene Jahresabrechnung fristgerecht anfechten. Wird die Jahresabrechnung bestandskräftig genehmigt, käme eine Korrektur durch Zweitbeschluss über eine korrigierte Jahresabrechnung mit den richtigen Vorauszahlungen in Betracht. Denn nach wohl vorherrschender Meinung, fehlt es an einer Beschlusskompetenz, um tatsächlich geleistete Vorauszahlungen konstitutiv zu vernichten, also spätere Einwendungen (Bereicherung) zu zerstören. Dies ist freilich höchstrichterlich noch nicht geklärt und konnte im vorliegenden Fall ohnehin vernachlässigt werden. Denn der Verwalter tat gut daran, diese zweifelhaften (streitigen) EUR 13,00 zunächst einzuziehen gemäß beschlossenem Wirtschaftsplan.

Den größten Bock im ganzen Fall schießt das Landgericht Lüneburg ab, das den Verwalter der WEG konsequent als „Hausverwalter“ bezeichnet. Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist kein Hausverwalter! Beim Hausgeldinkasso ist er organschaftlicher Vertreter des rechtsfähigen Verbandes, der durch sein Organ eigene Hausgeldansprüche im eigenen Namen geltend macht. Ein Hausverwalter hingegen ist Bevollmächtigter des Grundeigentümers und verwaltet (unaufgeteilte) Zinshäuser, Einfamilienhäuser, möglicherweise auch einzelne Sondereigentumseinheiten (Sondereigentumsverwalter). Organschaftlicher Vertreter ist er aber nicht.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt

W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt

Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg

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