Mietrecht

Beseitigungs- bzw. Schadensersatzanspruch des Vermieters nach Mietende bei Substanzeingriff (Dübellöcher)

Nach Mietende ist der Mieter immer zum fachgerechten Verschließen aller Bohrlöcher bzw. bei unterlassener Beseitigung zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet, entschied das Landgericht Wuppertal entgegen der Ansicht anderer Mietgerichte mit seinem Urteil vom 16.07.2020. Auch wenn der Mieter vertraglich nicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet sein sollte, entbindet ihn das nicht von der Beseitigung von Substanzverletzungen der Mietsache, wie Dübellöcher, Spezialfarben und Ein- bzw. Umbauten. 

Der Fall

Nach dem Ende eines zwölf Jahre andauernden Mietverhältnisses streiten die ehemaligen Mietvertragsparteien um den teilweisen Einbehalt der gezahlten Kaution. In einem gesondert unterschriebenen Anhang zum Mietvertrag hieß es unter anderem: „Die Wohnung wird vollständig renoviert, Decken und Wände mit Raufaser versehen, übergeben. Bei Auszug ist die Wohnung mit weiß gestrichenen Wänden zurückzugeben.“ Bei der Rückgabe der Wohnung Ende September 2017 waren zahlreiche Wände der Wohnung in kräftigen (Latex-) Farben dekoriert. Mit Schreiben vom 02.10.2017 rügte der Vermieter insbesondere die Verwendung von Latexfarben sowie die fehlende Beseitigung von Dübellöchern u. Ä. und setzte für die Beseitigung eine Nachfrist von einer Woche. Nachdem die ehemaligen Mieter dieser Aufforderung nicht nachgekommen waren, beauftragte der Vermieter einen Maler mit der Ausführung der Arbeiten, der ca. 1.700,00 Euro in Rechnung stellte. Die Mieter verweigerten die Zahlung und verklagten ihrerseits den Vermieter auf Rückzahlung der gesamten Kaution. Das Amtsgericht hatte die Klage nach Erhebung von Beweisen abgewiesen. Die erklärte Aufrechnung seitens des Vermieters habe die Ansprüche der Kläger zum Untergang gebracht. Nach Ansicht des Gerichts könne der Vermieter die Erstattung der Malerrechnung verlangen, weil die ehemaligen Mieter mit ihrer Farbwahl das Gebot der Rücksichtnahme verletzt hätten. Der Ersatzanspruch hänge nicht von dem Anhang zum Mietvertrag und dessen Wirksamkeit ab. Vielmehr bestehe der Schaden des Vermieters darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration hätte beseitigen müssen.

Die Entscheidung

Nach erfolgter Beweiserhebung hat das Berufungsgericht den geltend gemachten Anspruch der Mieter auf Rückzahlung der Kaution ebenfalls teilweise abgewiesen und folgt damit in Teilen der Entscheidung der Vorinstanz. Durch die Aufrechnung des Vermieters mit einem Schadensersatzanspruch sei der geltend gemachte Anspruch in Teilen erloschen. Nach Ansicht des Landgerichts haben sie sich dem Beklagten gegenüber gemäß §§ 280 I 1, 281 I 1 BGB schadensersatzpflichtig gemacht, indem die Kläger die Tapete in der Küche mit Heißkleberpunkten versehen und trotz Aufforderung die von ihnen verursachten Dübellöcher sowie die von ihnen angebrachten kräftigen Latexfarben an verschiedenen Wänden der Wohnung nicht beseitigt hatten. Zwar gehöre es zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Wohnung, Befestigungen mittels Dübeln vorzunehmen, jedoch sind diese nach Auffassung des Gerichts bei Beendigung des Mietverhältnisses zu entfernen und die Löcher fachgerecht zu verschließen. Denn es handele sich um Substanzeingriffe. Damit teilt das Landgericht Wuppertal nicht die vielfach vertretene Ansicht, eine Pflicht, Dübellöcher oder andere Bohrlöcher zu beseitigen, bestehe nur, wenn diese auf einem atypischen Nutzerverhalten beruhen würden. Abgesehen davon seien im vorliegenden Fall rund 126 Dübellöcher registriert worden. Auch durften die Mieter die Wohnung während der Mietzeit so dekorieren, wie es ihrem Geschmack entsprach. Bei Beendigung des Mietverhältnisses seien sie allerdings verpflichtet, die Wohnung wieder so herzurichten, dass normale Schönheitsreparaturen ausgereicht hätten.

Das Landgericht urteilte weiter, dass die Mieter hingegen nicht verpflichtet waren, die normalen Schönheitsreparaturen durchzuführen. Denn die entsprechende Klausel in dem formularmäßigen Mietvertrag war unwirksam. Wird der Wohnraummieter formularvertraglich verpflichtet, die Wohnung "weiß gestrichen" zurückzugeben, liegt darin eine unangemessene Einengung des Mieters hinsichtlich der Farbwahl. Dies führe zur Unwirksamkeit der formularmäßigen Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt, so auch die Auffassung des Landgerichts.

Der Höhe nach kann der Vermieter deshalb nur diejenigen Mehrkosten verlangen, welche die Renovierung der Wohnung im Vergleich zu normal durchzuführenden Schönheitsreparaturen erforderte (vergleiche BGH, VIII ZR 416/12, juris). Dies seien diejenigen Kosten, die für die Beseitigung der Dübellöcher, die Behebung des Tapetenschadens in der Küche und die erforderlichen Vorarbeiten betreffend der an den Wänden angebrachten kräftigen Latexfarben nötig waren.

LG Wuppertal, Urteil vom 16.07.2020 – 9 S 18/20

Vorinstanz: AG Mettmann, Urteil vom 19.12.2019 - 25 C 55/18