WEG-Recht

BGH: Auch hoher Kredit für WEG kann zulässig sein

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs stellte jüngst in einem Urteil klar, dass auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die WEG ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen kann. Das WEG-Gesetz enthält keine Anhaltspunkte die dagegen sprechen. Allerdings muss die Ordnungsmäßigkeit im Einzelfall anhand der konkreten Umstände unter Abwägung der allseitigen Interessen bestimmt werden. Im konkreten Fall, indem die Richter diese grundsätzliche Aussage trafen, wurde die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über die Kreditaufnahme dennoch verneint.

Der Fall

Die Parteien einer WEG hatten die Durchführung einer Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung beschlossen. Um die mit ca. 2 Mio. Euro veranschlagten Kosten zu finanzieren, beschlossen sie die Aufnahme eines KfW-Förderkredits in Höhe von 1, 32 Mio. Euro. Der Zinssatz belief sich zum damaligen Zeitpunkt auf 0 Prozent bei einer Laufzeit von 10 Jahren. Die Finanzierung des restlichen Betrages von ca. 900.000 Euro sollte durch Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage beschlussgemäß erfolgen.

In der ersten Instanz wurde die Anfechtungsklage gegen diesen Beschluss abgewiesen, das Landgericht erklärte hingegen den Beschluss für ungültig. Die Revision einer Wohnungseigentümerin dagegen war erfolglos.

Hohe Darlehen können ordnungsgemäß sein

Letztinstanzlich entschied der BGH nun, dass zwar grundsätzlich auch eine langfristige und hohe Kreditaufnahme durch eine WEG möglich sei. Allerdings sei dabei besonderes Augenmerk auf das Haftungsrisiko zu legen. Gibt es zum Beispiel Zahlungsausfälle bei Wohnungseigentümern, so müssen die daraus folgenden Fehlbeträge entweder durch eine Sonderumlage oder durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Eigentümer ausgeglichen werden. Als Problematisch sah es der Senat an, dass sich bei einem Darlehen das Risiko des Ausfalls einzelner Eigentümer nur sehr schwer abschätzen lasse. Denn die Bonität der einzelnen Wohnungseigentümer sei über einen solch lange Dauer kaum zuverlässig zu prognostizieren. Auch sei zu berücksichtigen, dass in einem Zeitraum von 10 Jahren mit einem Eigentümerwechsel gerechnet werden müsse. Aus diesen Gründen sei bei der Entscheidung über die Finanzierung einer Maßnahme durch ein hohes langfristiges Darlehen Zurückhaltung geboten. Entsprechend sei die Beurteilung, ob eine solche Kreditaufnahme ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, nur unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer möglich. Der BGH hob dabei einzelne Punkte besonders hervor: der Zweck des Darlehens sowie die Dringlichkeit der Maßnahme aber auch die Nachteile, die dadurch entstehen könnten, müssten angesprochen und protokolliert werden. Die Notwendigkeit auf Rücklagen zurückzugreifen oder Sonderumlagen erbringen zu müssen, seien weitere relevante Gesichtspunkte.

Beschluss über Kreditaufnahme muss gewissen Anforderungen genügen

Darüber hinaus befassten sich die Richter mit der Beschlussfassung über die Aufnahme eins Darlehens. Der Beschluss müsse Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, die Höhe des Zinssatzes enthalten und erkennen lasse, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt sind. Auch die Zahlungsunfähigkeit einzelner Eigentümer und die damit verbundenen Konsequenzen müssen erörtert werden. Dies muss der Protokollierung der Eigentümerversammlung zu entnehmen sein. Im vorliegenden Fall war die Unterrichtung über das Risiko der Nachschusspflicht nicht protokolliert worden, so dass das Gericht den Beschluss als nicht ordnungsgemäß beanstandete.

Praxistipp

Vorsicht ist geboten bei hohen oder langjährigen Kreditaufnahmen in WEG! Alle berührten Interessen sind vorab abzuwägen und die Risiken für alle sind mit den Eigentümer zu beleuchten. Der Beschluss über die Kreditaufnahme muss alle wesentlichen Punkte beinhalten. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte sich aus dem Protokoll die Unterrichtung vor der Beschlussfassung zu den zukünftigen Risiken der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer und im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer ergeben.

(siehe auch BGH Pressemitteilung Nr. 164/2015 vom 25.09.2015 zum Urteil V ZR 244/14)