Mietrecht

BGH formuliert Anforderungen an die gewerbliche Vermietung von Wohnraum

Eine Eigentümerin überließ das Haus einer Genossenschaft, die wiederum die Wohnungen an ihre Mitglieder zu sehr günstigen Konditionen weitervermietete. Tritt nun der Vermieter nach dem Ausscheiden des Zwischenmieters (Genossenschaft) an dessen Stelle und hat der Vermieter damit einen geltenden Mietvertrag mit dem Endmieter (§ 565 BGB)?

Der Fall

Die Eigentümerin eines Grundstücks mit Mehrfamilienhaus in Berlin Prenzlauer Berg wurde während der NS-Zeit enteignet. Nach der Wiedervereinigung und Rückgabe des Grundstücks hat sie einen Vertrag mit der im Haus ansässigen Selbsthilfegenossenschaft abgeschlossen. Das Haus wurde in den Jahren seit der Enteignung weder saniert noch professionell instandgehalten. Der Vertrag zwischen der Eigentümerin und der Genossenschaft sah daher vor, dass die Genossenschaft unter Inanspruchnahme öffentlicher Fördergelder das Haus nutzt, instand setzt und saniert. Im Gegenzug wurde der Genossenschaft das Recht eingeräumt, auf Dauer von 20 Jahren Mietverträge mit den Mitgliedern im Haus abzuschließen. Nach Ablauf dieser 20-Jahres Frist sollte die Genossenschaft die Nutzer Ihrer Wohnungen als Mieter benennen dürfen. Der Eigentümer wiederum sollte verpflichtet sein, mit den benannten Mietern einen Mietvertrag unter Vereinbarung der ortsüblichen Vergleichsmiete abzuschließen.

Im Jahr 2013, also nach Ablauf der Frist, klagten die Rechtsnachfolger der Eigentümerin auf Feststellung, dass sie in keinem Mietverhältnis mit den Mietern im Haus stehen. Also nicht als Vermieter der Endmieter der Wohnungen anstelle der Genossenschaft nach § 565 BGB eingetreten sind. Die Feststellungsklage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Die Beklagten hingegen vertraten die Ansicht, dass der Vermieter nun anstelle der Genossenschaft getreten ist und somit eine Mieterhöhung nur im Rahmen des § 558 BGB möglich wäre. In diesem Fall könnte die Miete innerhalb von drei Jahren maximal um 15 % erhöht werden (Kappungsgrenze).

Treten die Eigentümer anstelle des Zwischenmieters?

Der § 565 BGB regelt den Fall, dass ein Vermieter (hier: Eigentümer) Wohnraum an einen gewerblichen Zwischenvermieter (hier: Selbsthilfegenossenschaft) vermietet, der wiederum den Wohnraum an einen Dritten (hier: Mieter) weitervermietet. Im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses des Vermieters mit dem Zwischenmieter gestaltet sich der Sachverhalt so, als wäre der Dritte direkt ein Mietverhältnis mit dem Vermieter eingegangen. Diese Regelung gilt zum Schutz des Dritten, da dieser dadurch insbesondere Anspruch auf den sozialen Kündigungsschutz hat.

Der VIII. Zivilsenat entschied, dass die Überlassung der Wohnungen durch die Genossenschaft an ihre Mitglieder keine gewerbliche Vermietung i. S. d. § 565 BGB ist und daher die Kläger in keinem Mietverhältnis mit dem Beklagten stehen (BGH, Urt. v. 20. 1. 2016 – VIII ZR 311/14). Die Klage war somit erfolgreich.

Gewerbliche Vermietung i. S. d. § 565 BGB

Eine gewerbliche Vermietung ist erfüllt, wenn ein Vermieter den Wohnraum einem Zwischenmieter überlässt, der wiederum durch die Weitervermietung an einen Dritten eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt. In diesem Fall wurden von der Selbsthilfegenossenschaft keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt, sondern – im Gegenteil – gemeinnützige und karitative Zwecke. Die Genossenschaft hat im Hauptmietvertrag ihren Mitgliedern den Wohnraum für 20 Jahre zu einer sehr niedrigen Miete (max. 2,86 €/qm im Monat) sichergestellt. Darüber hinaus wurde den bisherigen Mietern das Recht eingeräumt, nach Ablauf des Vertrages weiterhin zu einer ortsüblichen Miete in ihren Wohnungen bleiben zu können.

Fazit und Konsequenz

Der Abschluss von Mietverträgen mit den Endmietern erfolgte nicht aus wirtschaftlichen Interessen, sondern im Interesse der Wohnungsnutzer. Der Schutz, den § 565 BGB für Dritte erwirkt, ist somit in diesem Fall nicht von Belang und findet daher weder direkt noch indirekt Anwendung. In der Konsequenz stehen die Eigentümer nicht in einem Mietverhältnis mit den Nutzern der Wohnung. Daher ist der Abschluss eines Mietvertrags auf dem Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich und rechtens. So wie es im Vertrag zwischen der Eigentümerin und der Genossenschaft vereinbart wurde.