Arbeitsrecht

Die fähige Praktikantin - zu gut kostet!

Der Fall

Die Praktikantin war in den letzten Monaten ihres Praktikums als Psychotherapeutin in der Ausbildung in einer Klinik eingesetzt. Sie war vier Tage/ Woche auf Station tätig, wo auch normale Arbeitnehmer beschäftigt sind. Sie erledigte im Umfang von zwei Tagesarbeitspensen eigenständige und wirtschaftlich verwertbarer Arbeit wie Testungen etc.. Ihre Leistungen wurden gegenüber der Krankenkasse abgerechnet. Sie führte Einzelsitzungen durch und vertrat die urlaubsbedingt abwesenden Therapeutinnen.

Eine Praktikumsvergütung war wegen spezieller Vorschriften nicht geschuldet. Dennoch war sie der Ansicht, dass sie höherwertige Arbeit geleistet hat und verlangte daher eine angemessene Vergütung.

Die Entscheidung

Das BAG gab ihr Recht und verurteilt die Arbeitgeberin, für 7 Monate 8.000 Euro zu zahlen.
Die Richter stellten zunächst klar, dass – auch wenn ausnahmsweise ein unentgeltliches Praktikum wirksam vereinbart wurde – ein Anspruch auf übliche Vergütung (§ 612 Abs. 1 BGB) bestehen kann.

Für die „normale" Praktikantentätigkeit war keine Vergütung geschuldet. Und grundsätzlich gilt, dass ein Praktikant nicht für jede von ihm erbrachte nicht geschuldete Leistung ohne Weiteres Anspruch auf Vergütung hat. Aber: Die Praktikantin hatte hier höherwertige Dienste auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet. Und zwar nicht nur probe- oder vertretungsweise. Sie war selbstständig und wirtschaftlich verwertbar tätig. Ihre ohne Aufsicht und Kontrolle ausgeübten Tätigkeiten machten einen wesentlichen Teil der geleisteten Stunden aus. Daher steht ihr die übliche Vergütung zu. Als Maßstab setzte das Bundesarbeitsgericht 2/5 der üblichen Vergütung von Psychotherapeuten von 2.700 – 3.000 Euro an.

Der Tipp

Wichtig ist, dass Praktikanten normalerweise Anspruch auf eine übliche Vergütung haben. Maßstab sind die Vergütungen von vergleichbaren Auszubildenden (ca. 50 %) oder Arbeitnehmern (ca. 20 %).

Sofern ein Praktikant mit werthaltigen Aufgaben betraut ist oder gar vergleichbare Arbeit wie „normale" Arbeitnehmer leistet, steht ihm eine angemessene Vergütung zu. Anders ist es, wenn der Praktikant unter Aufsicht und Kontrolle steht, in die Abläufe streng eingebunden ist und eben eher lernt als leistet.

(BAG, Urteil vom 10.02.2015 - Aktenzeichen 9 AZR 289/13)