Mit Urteil vom 13.03.2025 zum gerichtlichen Aktenzeichen 2-13 S 8/24 entschied das Landgericht Frankfurt am Main, dass ein Sondereigentümer unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an dem Raum, in der eine gemeinschaftliche Heizungsanlage installiert ist, jedenfalls vorübergehend zur Duldung der Heizungsanlage verpflichtet sei und keinen Rückbau verlangen könne. Das Landgericht stützt die Duldungspflicht auf die Treue- und Rücksichtnahmepflicht des Wohnungseigentümers innerhalb der Gemeinschaft. Infolgedessen konnte ist die Frage, ob der Raum – wie die Heizungsanlage – zwingend zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört oder sondereigentumsfähig ist und dem Kläger gehört, offenlassen.
Der Fall
Der Kläger ist Wohnungseigentümer in der Beklagten GdWE. Ihm gehört eine der sieben Wohnungen im Haus. Laut Teilungserklärung ist ein 4,63 m² großer Abstellraum Teil des Sondereigentums der klägerischen Wohnung. In diesem Raum befindet sich eine Heizung, die 5 der 7 Wohnungen mit Wärme versorgt. Die Wohnung des Klägers und die Dachgeschosswohnung sind nicht angeschlossen. Die Wände des Raumes sind mit Leitungen belegt. Der Kläger verlangte von der Gemeinschaft die Räumung und Herausgabe des Abstellraumes, da er diesen in Zukunft allein nutzen wolle. Die Versammlung lehnte das ab.
Die Entscheidung
Nachdem das Amtsgericht der Klage auf Herausgabe stattgegeben hatte, änderte das Landgericht Frankfurt am Main auf die Berufung der GdWE die erstinstanzliche Entscheidung und wies die Klage ab. Die Eigentumsverhältnisse an dem Raum könnten im Ergebnis dahinstehen, weil in allen denkbaren Varianten der Kläger zur Duldung der Heizungsanlage verpflichtet sei. In Deutschland gehöre die Ausstattung einer Wohnanlage mit einer Heizung zu den Erforderlichkeiten zeitgemäßen Wohnens. Treu und Glauben verpflichteten jeden Wohnungseigentümer, in dessen räumlichem Bereich die gemeinschaftliche Anlage installiert sei, daher zumindest bis zur Schaffung alternativer Heizungsmöglichkeiten, den Betrieb der Heizung in „seinem“ Keller zu dulden. Unerheblich sei, dass die Wohnung des Klägers nicht mitversorgt werde, da sie nicht an die Zentralheizung angeschlossen sei. Der gemeinschaftliche Gebrauch, der zwingend zum gemeinschaftlichen Eigentum führe, sei bereits dadurch gegeben, dass mehr als eine Wohnung – hier sogar mehr als die Hälfte aller Wohnungen – an die gemeinschaftliche Heizungsanlage angeschlossen seien.
Der als Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Räumung sei im Übrigen unschlüssig, da Herausgabe immer in dem tatsächlichen Zustand zu erfolgen habe, in dem sich der streitgegenständliche Raum befinde. Dies wiederum entspreche nicht dem Ziel des Klägers, dem es vielmehr um Rückbau, also Beseitigung gehe. Dem Beseitigungsanspruch stünde aber die Duldungspflicht entgegen. Die Anfechtungsklage sei unbegründet, da dem Kläger kein Anspruch auf Beseitigung zugestanden habe. Wie lange der Kläger den Zustand dulden müsse und ob und inwieweit ihm eine Entschädigung zustehe, sei im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, da nicht Streitgegenstand.
Fazit für den Verwalter
Die Eigentumsverhältnisse an Räumen, in denen sich gemeinschaftliche Anlagen und Einrichtungen befinden, sind juristisch umstritten. Sie sind entweder gemeinschaftliches Eigentum oder Sondereigentum. Gemeinschaftliches Eigentum führt zur Zuständigkeit der GdWE, für der bestellte Verwalter handelt und organisiert. Sondereigentum führt formal zur Zuständigkeit des Sondereigentümers, die allerdings durch gemeinschaftliche Einwirkungsmöglichkeiten der GdWE eingeschränkt wird, da die gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis an einer gemeinschaftlichen Anlage ersichtlich Vorrang haben muss vor einem individuellen Bestimmungsrecht des Sondereigentümers. In beiden Fällen gleich schwierig wird es, wenn der Sondereigentümer den Zutritt zur Heizungsanlage verweigert, beispielsweise die Wartung nicht gestattet. Hier muss die GdWE - falls erforderlich - den Rechtsweg beschreiten und z.B. eine Klage auf Zutrittsgewährung und Duldung von Wartungsarbeiten etc. erheben.
Grundsätzlich ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, bei Streit bzw. Handlungsbedarf innerhalb der Gemeinschaft passende Tagesordnungspunkte in die Einladung/ Tagesordnung aufzunehmen, etwa Schaffung einer anderweitigen Heizungsversorgung, Entschädigung des duldungspflichtigen Miteigentümers für die Übergangszeit etc. Die Stilllegung einer gemeinschaftlichen Heizungsanlage ohne gleichzeitige Beschlussfassung über die Art und Weise der künftigen Versorgung wird in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen. In einem Land wie Deutschland mit ausgeprägten Heizperioden muss ein nahtloser Übergang sichergestellt sein, da im schlimmsten Fall die Unbewohnbarkeit des Hauses droht. Gemeinschaft und Wohnungseigentümer sollten daher stets beiden Wegen nachgehen.
Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte
In der Gemeinschaft hier gab es verschiedene Lösungen für eine andere Heizungsversorgung. Diese wurden in der Versammlung diskutiert, aber keiner positiven Beschlussfassung zugeführt. Unter Umständen hat der Sondereigentümer, in dessen räumlichem Bereich sich eine gemeinschaftliche technische Anlage oder Einrichtung befindet, einen Anspruch auf Beseitigung und Schaffung einer anderweitigen baulichen und betriebstechnischen Lösung. In Betracht kommt beispielsweise die Verlegung der Heizungsanlage in einen gemeinschaftlichen Kellerraum außerhalb des räumlichen Bereichs von Sondereigentum. Auch ein Anbau oder die Errichtung eines Heizhauses kann in Betracht kommen. Der Anspruch kann sich aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums ergeben und richtet sich gegen die GdWE. Das Landgericht Frankfurt am Main führt in einem Nebensatz aus, dass ein Wohnungseigentümer die Schaffung einer alternativen Heizmöglichkeit und deren Umsetzung gegebenenfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage durchsetzen muss. Nach der Interessenlage wird dies in der Regel der Sondereigentümer sein, der unter der baulichen Situation am meisten leidet, hier also der Kläger.
Fazit für die Gemeinschaft
Das Landgericht führt eingangs der Entscheidungsgründe aus, dass die Beklagte, also die Gemeinschaft (GdWE), Eigentümerin der Heizungsanlage sei. Das ist nicht richtig und vom Landgericht offenkundig auch nicht so gemeint. Das gemeinschaftliche Eigentum gehört den Wohnungseigentümern, nicht der GdWE. Diese verwaltet etwas, das ihr nicht gehört. Gemeinschaftliches Eigentum ist Bruchteilseigentum, sodass (auch) dem Kläger die gesamte Heizungsanlage gehört, wenn auch nicht allein, sondern ideell gemeinschaftlich mit seinen Miteigentümern.
Will der Kläger eine Beschlussfassung über eine andere Heizungsversorgung ohne Inanspruchnahme „seines“ Abstellraumes und/ oder eine Entschädigung für den Übergangszeitraum herbeiführen, steht ihm die Beschlussersetzungsklage offen. Diese ist ebenfalls gegen die GdWE zu erheben. Gleiches würde für eine Leistungsklage auf Beschlussdurchführung gelten, falls die GdWE einen von der Versammlung gefassten oder vom Gericht anstelle der Wohnungseigentümer ersetzten Beschluss nicht in die Tat umsetzt.
Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg
www.wir-breiholdt.de
“Die Stimmung ist im Keller - Sondereigentümer muss gemeinschaftliche Heizungsanlage bei sich vorerst dulden” - erschien im Newsletter 04-2/2025