Arbeitsrecht

Folgenreiches Verlangen nach Mindestlohn

Der Fall

Der Kläger trat zum 1. März 2009 als "Hauswart" in die Dienste der Beklagten, einer Hauseigentümergemeinschaft, deren einziger Mitarbeiter er war. Der Arbeitsvertrag sah eine regelmäßige Arbeitszeit von 14 Wochenstunden zu einer monatlichen Vergütung von 315,00 € vor.

Anlässlich der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2015 forderte der Kläger die Vergütung nach dem Mindestlohn. Daraufhin entwarf die Beklagte einen neuen Arbeitsvertrag mit einer monatlichen Arbeitszeit von 32 Stunden und einer monatlichen Vergütung von 325,00 €.
Dieses Schriftstück unterzeichnete der Kläger nicht. In der Folge kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis.

Der Kläger beantragte Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, Weiterbeschäftigung zum Mindestlohn im Umfang von 14 Wochenstunden, sowie den Differenzbetrag von gezahltem Lohn und Mindestlohn für Januar 2015.

Die Beklagte beantragte die Klage abzuweisen.
 

Die Entscheidung

In dem Teilurteil gab das Arbeitsgericht den Anträgen des Klägers statt.

Zwar bedurfte die Kündigung wegen der sich in seiner Person erschöpfenden Beschäftigtenzahl der Beklagten keines besonderen Grundes. Sie darf jedoch nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen und insbesondere nicht diskriminierend sein. Dies war hier jedoch der Fall.

Indem die Beklagte die Kündigung nach Verlangen des Mindestlohns ausgesprochen hat, hat sie ihre rechtsgeschäftliche Gestaltungsmacht überschritten. Gemäß § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Das Verlangen, mit Mindestlohn bezahlt zu werden, ist ein zulässiges Begehren.

Wegen der zeitlichen Abfolge nahm das Gericht an, dass die Kündigung die Reaktion auf das Verlangen des Mindestlohns war. Das indiziert einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot und stellt eine Benachteiligung dar.
 

Der Tipp

Der Fall zeigt, dass Bestrafungsaktionen nach hinten losgehen können. Der Arbeitgeber sollte in Ruhe prüfen, welchen Weg er gehen will. Bei Entscheidungen sollte in irgendeiner Art und Weise ein sachlicher Grund gegeben sein.

(Teilurteil des AG Berlin, Urteil vom 17. April 2015 - 28 Ca 2405/15)