Mietrecht

Mieterhöhungsverlangen kann nachträglich reduziert werden

Der Vermieter ist berechtigt, innerhalb eines Mieterhöhungsverfahrens nach §§ 558 ff. BGB sein formell ordnungsgemäßes Erhöhungsverlangen nachträglich zu ermäßigen. Einer nochmaligen Erklärung und Begründung nach § 558a BGB bedarf es hierfür nicht.

Der Fall

Die Mieter einer ca. 70 qm großen Wohnung in Nürnberg wurden mit Schreiben aus Oktober 2018 von ihrer Vermieterin zur Zustimmung zu einer Mieterhöhung der Nettokaltmiete ab dem 1. Januar 2019 um 66 Euro aufgefordert. Die Nettokaltmiete betrug zuletzt ca. 490 Euro monatlich. Zur Begründung wurde auf den Nürnberger Mietspiegel 2018 Bezug genommen. Den Erhöhungsbetrag ermittelte die Klägerin anhand der Wohnfläche, des Baujahrs und bestimmter aus ihrer Sicht vorhandener positiver Wohnwertmerkmale. Die Mieter stimmten der Mieterhöhung nicht zu.

Die Vermieterin erhob sodann Klage auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung, allerdings nur um 46 Euro auf eine Nettokaltmiete von 536 Euro. Sie ließ bei der Berechnung der mit der Klage geforderten Mieterhöhung die im vorprozessualen Mieterhöhungsverlangen herangezogenen positiven Wohnwertmerkmale außer Acht.

Nach Ansicht der Mieter hätte die Vermieterin nicht das ursprüngliche Erhöhungsverlangen im Rahmen der Klageerhebung einseitig abändern dürfen. Die Reduzierung der nunmehr geforderten Mieterhöhung sei ein neues Angebot, das die Zustimmungs- und Überlegungsfristen neu beginnen lasse. Es fehle daher an einem ordnungsgemäßen Mieterhöhungsverlangen gemäß § 558a BGB.

Die Berufungsinstanz hielt das Mieterhöhungsverlangen für formell wirksam und vertrat entsprechend der herrschenden Meinung die Ansicht, die einseitige Ermäßigung des Erhöhungsverlangens in einer Klage sei zulässig. Damit wurde die Revision beschränkt auf die Frage zugelassen, ob die Teilrücknahme eines Mieterhöhungsverlangens in der Klage ein neues Mieterhöhungsverlangen darstellt.

Die Entscheidung

Die Revision der Mieter hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof führt in seiner Begründung aus, dass das zu prüfende Erhöhungsverlangen alle Voraussetzungen erfüllt habe, die das Gesetz in § 558a BGB vorgebe.

Nachdem die Mieter trotz ausreichender Begründung der Mieterhöhung nicht zustimmten, durften die Vermieterin die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung einreichen. Es habe auch nicht deshalb an einem wirksamen Erhöhungsverlangen gefehlt, weil die Vermieterin mit der Klage eine um 20 Euro monatlich geringere Mieterhöhung verlangte. Denn ein Vermieter könne das Erhöhungsverlangen auch nach dem Zugang beim Mieter vollständig oder teilweise zurücknehmen, so der BGH. Dafür sei keine erneute Erklärung und Begründung des Verlangens nach § 558a BGB notwendig.

Dabei gehen die §§ 558 ff. BGB als lex specialis auch den allgemeinen Regelungen über den Abschluss von Verträgen in den §§ 145 BGB vor. Der BGH führt weiter aus, die gesetzliche Gestaltung des Mieterhöhungsverfahrens zeige, dass der Gesetzgeber von einer (betragsmäßigen) Teilbarkeit des Erhöhungsverlangens des Vermieters ausgehe. Die vom Vermieter geforderte Zustimmung zu einer bestimmten Mieterhöhung enthalte auch immer das Verlangen nach einer betragsmäßig niedrigeren Anhebung der Miete. Der Bundesgerichtshof argumentiert hierzu, der Gesetzgeber habe dem Gesichtspunkt der einvernehmlichen Beilegung von Streitigkeiten über die Miete im Erhöhungsverfahren besondere Bedeutung beigemessen. Dieser gesetzgeberischen Zielsetzung widerspräche es, wenn der Vermieter gehindert wäre, mit der Zustimmungsklage eine gegenüber dem vorangegangenen Erhöhungsverlangen ermäßigte Mieterhöhung geltend zu machen. Schließlich haben die Mieter ja auch immer die Möglichkeit, der verlangten Mieterhöhung nur teilweise zuzustimmen. Gleiches müsse für den Vermieter gelten, der sein Erhöhungsverlangen nachträglich reduziere. Auch dann wäre dies nicht als ein neues Erhöhungsverlangen anzusehen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. April 2022, Az. VIII ZR 219/20

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 4. Juni 2020, Az. 7 S 5871/19 -
AG Nürnberg, Urteil vom 14. August 2019, Az. 16 C 2248/19 -