WEG-Recht

Nachträglicher Dachgeschossausbau: Kein Anspruch der WEG auf Herausgabe von Bauunterlagen zur Kontrolle

In vielen Teilungserklärungen ist der nachträgliche Dachgeschossausbau zu Wohnzwecken vereinbart. Der berechtigte Eigentümer darf in erheblichem Umfang in das gemeinschaftliche Eigentum eingreifen. Die übrigen Eigentümer haben vielfach schon während der Bauphase Interesse daran, die fachgerechte Ausführung zu prüfen. Dazu verlangen sie häufig die Herausgabe von Bauunterlagen. Der Bundesgerichtshof (BGH) legt diesem Ansinnen nun Steine in den Weg:

Mit Urteil vom 26.02.2016 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 131/15 hat der BGH entschieden, dass Miteigentümer und Gemeinschaft grundsätzlich keinen Anspruch darauf haben, sämtliche Baumaßnahmen des ausbauenden Miteigentümers bereits während der Herstellungsphase begleitend zu kontrollieren. Der BGH führt aus, dass die Gemeinschaft im zu entscheidenden Fall zu einer derart umfassenden begleitenden Überprüfung nach dem Inhalt der Teilungserklärung nicht berechtigt war.

Der Fall

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft und streiten sich in einem Anfechtungsprozess über die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses. Dieser wies den Verwalter an, den ausbauenden Miteigentümer aufzufordern, alle notwendigen Unterlagen zum Dachausbau zwecks Überprüfung der fachgerechten Bauausführung herauszugeben. Notfalls sei dieser auf Herausgabe zu verklagen. Ferner sollte er die gutachterliche Stellungnahme des Schornsteinfegers zum Abbruch von Schornsteinen und die technische Aufzugsplanung hinsichtlich des nachträglichen Einbaus eines Personenaufzugs vorlegen.

Laut Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) dürfen die Anfechtungskläger die in ihrem Eigentum stehenden Einheiten zu Wohn- oder Büroräumen ausbauen, wobei „jede Baumaßnahme gestattet ist, welche behördlich genehmigt ist“. Zudem sind sie berechtigt, nicht benutzte Schornsteine zu entfernen und einen Personenaufzug einzubauen. Schließlich ist in der Teilungserklärung bestimmt, dass die Kläger verpflichtet sind, etwaige durch die Baumaßnahmen entstehende Schäden, unabhängig von einem Verschulden, auf eigene Kosten zu beseitigen. Die Baugenehmigungen für den Dachgeschossausbau und den Einbau eines Aufzugs wurden 2006 erteilt. Das Bauvorhaben ist noch nicht abgeschlossen.

2011/2012 erfolgte eine Begehung durch den von der WEG beauftragten Architekten, der einzelne Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum feststellte. In der Eigentümerversammlung vom 08.07.2013 wurden die oben genannten Beschlüsse gefasst, da die Gemeinschaft eine baubegleitende Qualitätskontrolle durchführen wollte, zu der sie auf die Vorlage der begehrten Unterlagen angewiesen war.

Die Entscheidung

Der BGH erklärt den Mehrheitsbeschluss für ungültig. Er widersprach ordnungsmäßiger Verwaltung, da die Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen, hilfsweise Klageerhebung, nicht von einer Anspruchsgrundlage getragen war. Maßgeblich war der Inhalt der Teilungserklärung, der im vorliegenden Fall nur dahin verstanden werden könne, dass erst nach dem Abschluss der Arbeiten ein Anspruch auf Vorlage von Unterlagen, beispielsweise eines abschließenden Abnahmeprotokolls, in Betracht komme. Hieran ändere sich nichts; auch nicht, dass der von der Gemeinschaft beauftragte Architekt bereits während der noch nicht beendeten Bauphase Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum im Bereich der Ausbauten festgestellt habe. Diese Tatsache könne allenfalls einen Anspruch auf Beseitigung der festgestellten Mängel begründen, nicht aber einen solchen auf Vorlage der Bauunterlagen zum Zwecke der technischen Rechtmäßigkeitsüberprüfung der gesamten Baumaßnahmen.

Fazit für den Verwalter

Wie immer in Dachgeschossausbaufällen kommt es maßgeblich auf die Formulierung der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) an. Ist darin ausdrücklich vorgesehen, dass vor Baubeginn Bauunterlagen vorzulegen sind, besteht ein entsprechender Anspruch auf Auskunft und Vorlage. Im vorliegenden Fall dürfte die Teilungserklärung nur auf Vorlage der erteilten Baugenehmigung gerichtet gewesen sein mit den dazu gehörigen technischen Nachweisen (z. B. statischer Nachweis, Wärmeschutz, Brandschutz). Vielfach verbreitet sind zudem Regelungen über die Erbringung des Nachweises über einen ausreichenden Versicherungsschutz während der Bauphase. Auch hier kann die Gemeinschaft vor Baubeginn den entsprechenden Nachweis verlangen.

Sind bauliche Veränderungen am gemeinschaftlichen Eigentum durchgeführt worden, entspricht es allgemein anerkannter Rechtsauffassung, dass der Eigentümer, der sie vornahm, den übrigen Miteigentümern gegenüber zur Auskunft verpflichtet ist. Auf diese Weise wird die Gemeinschaft in die Lage versetzt, überhaupt prüfen und beurteilen zu können, ob und inwieweit rechtswidrige Eingriffe in das gemeinschaftliche Eigentum vorgenommen wurden.

Rechtlich zutreffend und taktisch richtig war es von dem hier tätigen gewerbsmäßigen Wohnungseigentumsverwalter, in den Beschlussanträgen lediglich „Aufforderungen“ zur Herausgabe von Unterlagen auszusprechen und für den Fall, dass dieser Aufforderungen nicht Folge geleistet würde, den Rechtsweg zu beschreiten. Denn Beschlüsse, die einen Miteigentümer unmittelbar zur Herausgabe verpflichten wollen (im Sinne einer konstitutiven Anspruchsbegründung unabhängig von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage) sind mangels Beschlusskompetenz nichtig. Dies hat der BGH schon mehrfach entschieden und der Profiverwalter muss das wissen.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte PartG mbB Hamburg
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