Der Fall
Während einer Besprechung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geriet ein Betriebsrat in Rage, als er über Probleme bei der Arbeitszeitgestaltung und belastung sprach. Dabei verglich er zum Schluss die Arbeitsbedingungen im Betrieb mit denen im KZ.Der Arbeitgeber forderte den Betriebsrat zur Zustimmung zu außerordentlichen Kündigung auf. Da der Betriebsrat das ablehnte, klagte der Arbeitgeber auf Zustimmungsersetzung. Die erste Instanz gab dem Arbeitgeber Recht.
Die Entscheidung
Das LAG hob die Zustimmungsersetzung des Arbeitsgerichts auf. Dieses war der Ansicht gewesen, dass die Äußerung eine erhebliche Ehrverletzung des Arbeitgebers und der Vorgesetzten darstellen würde. Zwar habe der Arbeitnehmer das grundrechtlich geschützte Recht, Kritik am Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen zu üben. Dieses dürfe auch überspitzt und polemisch erfolgen. Diese Recht müsse zurücktreten, wenn die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde, als Formalbeleidigung oder als Schmähung anzusehen sei.
Der Vergleich betrieblicher Verhältnisse und Vorgehensweisen mit dem nationalsozialistischen Terrorsystem und erst recht mit den in den Konzentrationslagern begangenen Verbrechen bilde in der Regel einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung. Die Gleichsetzung noch so umstrittener betrieblicher Vorgänge und der Vergleich des Arbeitgebers oder der für ihn handelnden Personen mit den vom Nationalsozialismus begangenen Verbrechen und den Menschen, die diese begingen, stelle eine Verharmlosung des in der Zeit des Faschismus begangenen Unrechts und eine Verhöhnung seiner Opfer dar.
Das LAG sah das im konkreten Fall anders. In harter Form geäußerte Sachkritik führt ihrer Natur nach regelmäßig zu einer wertenden Herabsetzung persönlicher Leistungen des Erklärungsempfängers. Eine Schmähung liegt indes erst vor, wenn der Kritik kein Tatsachenkern zugrunde liegt oder der Erklärende bewusst falsche Tatsachen streut oder eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung vorliegt.
Hier hat der Arbeitnehmer sich während der Besprechung über bestimmte Zustände im Betrieb ausgelassen. Es ging also an keiner Stelle um personenbezogene Schuld, entsprechende Versäumnisse oder persönliche Vorwürfe. Der Arbeitnehmer habe vor allem mit entsprechender Schuldzuweisung die Arbeitsbedingungen im Betrieb brandmarken wollen. Es war also Sachkritik.
Der Tipp
Die Entscheidung ist eine Einzelfallentscheidung. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Den Betriebsrat gerettet" haben hier der Sachzusammenhang zu den tatsächlichen Problemen bei der Arbeitszeit oder eben die Arbeitsüberlastung und die fehlende (konkrete) Schuldzuweisung.
Grundsätzlich sind NS-Vergleiche ein außerordentlicher Kündigungsgrund. Den Worten des Arbeitsgerichts ist hier nichts hinzuzufügen.
Ivailo Ziegenhagen
Rechtsanwalt
Ziegenhagen Rechtsanwälte, Berlin
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