Mietrecht

Vermieter müssen Beleidigungen von Mietern nicht hinnehmen – Fristlose Kündigung möglich

Ist das Vertrauensverhältnis durch eine ehrverletzende Äußerung tief erschüttert, kann der Vermieter ohne vorherige Abmahnung das Mietverhältnis kündigen. Eine Abwägung der Umstände ist im Einzelfall stets erforderlich.

Ob eine Beleidigung des Vermieters durch den Mieter eine wirksame Kündigung zur Folge haben kann, ist immer eine Einzelfallentscheidung und erfordert die Berücksichtigung der konkreten Gesamtumstände. Dabei spielt unter anderem eine wesentliche Rolle, ob die Beleidigung provoziert wurde, später eine Entschuldigung folgte und ob die Gefahr einer Wiederholung besteht.

Eine Beleidung im Sinne des Strafgesetzes setzt eine ehrverletzende Kundgabe von Missachtung oder Nichtachtung gegenüber dem Beleidigten oder Dritten voraus. Eine strafbare Ehrverletzung muss über eine bloße Unhöflichkeit oder Taktlosigkeit hinausgehen. Eine solche Äußerung stellt immer auch eine Vertragsverletzung dar, wenn sie gegenüber dem Vertragspartner oder dessen Stellvertreter/Mitarbeiter geäußert wurde. Soll dies eine fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses zur Folge haben, muss die Vertragsverletzung so schwer wiegen, dass dem anderen Teil die Fortsetzung des nicht zugemutet werden kann.

So hat das Amtsgericht München bereits 2013 entschieden, dass die Bezeichnung „Schwein" nicht nur eine Beleidigung sondern auch eine erhebliche Vertragsverletzung sei. Deute das nachträgliche Verhalten des Mieters nicht darauf hin, dass eine solche „Entgleisung" ein Einzelfall war, kann es für den Vermieter durchaus unzumutbar sein, das Mietverhältnis fortzusetzen.
Jüngst entschied das Amtsgericht München, dass die Äußerung „Sie promovierter Arsch!" die Ehre verletzen kann und eine fristlose Kündigung des Mietvertrages rechtfertigt.

Der Fall:

Die beklagten Mieter beschwerten sich zunächst früh morgens telefonisch beim Vermieter (Kläger), dass die Wassertemperatur in ihrem Bad nur 35 Grad statt die erforderlichen 40 Grad erreiche. Als sich die Parteien dann gegen 9 Uhr auf dem Gemeinschaftshof trafen, bat der Vermieter um Zugang zur Wohnung, um die Wassertemperatur überprüfen zu können. Die Mieter lehnten dies ab, weil sie keine Notwendigkeit dafür sahen, da ihnen zufolge im ganzen Haus die Wassertemperatur zu niedrig sei. Während dieses Wortwechsels titulierte der Beklagte seinen Vermieter mit „Sie promovierter Arsch". Daraufhin kündigte dieser das Mietverhältnis wegen Beleidigung fristlos. Die Beklagten halten die Kündigung für nicht gerechtfertigt, da die Beleidigung nicht grundlos erfolgt sei. Schließlich habe der Kläger sie provoziert, indem er sie zunächst duzte und dann körperlich angriff.

Die Entscheidung:

Das Amtsgericht München gab dem Vermieter Recht und erachtete die Kündigung für wirksam. Die Vertragsverletzung sei schwerwiegend. Dem Vermieter könne daher nicht zugemutet werden, das Mietverhältnis fortzusetzen. Die Äußerung des Mieters sei mehr als eine reine Unhöflichkeit ohne ehrverletzenden Charakter. Von Bedeutung sei auch, dass die Mieter im gleichen Hause wohnen und sich damit regelmäßig über den Weg liefen. Des Weiteren habe sich der Mieter bis jetzt nicht entschuldigt. Dass der Vermieter den Mieter zuvor provoziert habe, konnte hingegen nicht bewiesen werden.

Die Konsequenzen:

Die ehrverletzende Äußerung eines Mieters kann eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen. Eine Abmahnung ist nicht erforderlich, wenn die Beleidigung die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien schwerwiegend erschüttert und eine Abmahnung nicht erfolgsversprechend ist.


AG München, Urteil vom 28.11.2014 – 474 C 18543/14
AG München, Urteil vom 16.7.2013 – 411 C 8027/13