WEG-Recht

Zwangsvollstreckung eines Wintergartenrückbaus

Eine an sich vertretbare Handlung (Rückbau eines Wintergartens) wird zu einer unvertretbaren Handlung, wenn die Mitwirkung oder Zustimmung eines Dritten erforderlich ist und dieser dazu nicht bereit ist. Übereignet der Schuldner während des Prozesses einen Bruchteil seines Sondereigentums auf einen Dritten, muss der Kläger auf der Hut sein.

Mit Beschluss vom 17.10.2014 zum Aktenzeichen 11 T 44/14 hat das Landgericht Itzehoe als zentrales Berufungs- und Beschwerdegericht für alle WEG-Sachen in Schleswig-Holstein entschieden, dass eine WEG, die einen rechtskräftigen Rückbautitel erstritten hat, im Zwangsversteigerungsverfahren „in die Röhre schaut", wenn der Beklagte/ Schuldner während des Prozesses unbemerkt einen Bruchteil seines Sondereigentums auf einen Miteigentümer übereignet hat.

Der Fall:

Die Schuldnerin wurde rechtskräftig zum Rückbau des von ihr errichteten Wintergartens (rechtswidrige bauliche Veränderung) verurteilt. Während des zweitinstanzlichen Verfahrens veräußerte sie 1/100stel ihres Wohnungseigentums auf einen Dritten (ihren damaligen Rechtsanwalt!). Eine Klageerweiterung auf diesen neuen Miteigentümer erfolgte nicht. Beide Miteigentümer verweigern den Rückbau. Die WEG als Gläubigerin beantragt beim Vollstreckungsgericht Ermächtigung zum Rückbau und Kostenvorschuss nach § 887 ZPO (Zwangsvollstreckung bei vertretbarer Handlung). Das Amtsgericht weist die Anträge zurück. Die WEG legt sofortige Beschwerde ein.

Die Entscheidung:

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. An sich sei die Beseitigung einer baulichen Veränderung eine vertretbare Handlung i.S.d. § 887 ZPO, da sie von einem Dritten anstelle des Vollstreckungsschuldners vorgenommen werden könne. Etwas anderes gelte aber dann, wenn im laufenden Rechtsstreit ein dritter Miteigentümer des Sondereigentums werde. Gegen den Miteigentümer richte sich der Titel (Urteil) nicht. Die Zwangsvollstreckung sei in einer derartigen Fallgestaltung nur dann möglich, wenn der Miteigentümer sein Einverständnis mit dem Rückbau erkläre oder der Vollstreckungsgläubiger einen eigenen Duldungstitel gegen den Miteigentümer erwirkt habe (Hinweis auf Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.11.2008 – I ZB 46/08). Auch Vorschriften zur Rechtsnachfolge (§§ 265, 325 ZPO) hälfen der WEG nicht weiter, denn ein Fall der Rechtsnachfolge sei nicht gegeben, da die Schuldnerin durch die Veräußerung eines Miteigentumsanteils ihre Passivlegitimation nicht verloren habe. Mangels Rechtsnachfolge konnte daher auch eine Umschreibung des Vollstreckungstitels nicht erfolgen.

Fazit für den Verwalter:

Die WEG hätte die Klage gegen den neuen Miteigentümer erweitern sollen. Geschah die Eigentumsübertragung im Stillen, guckt sie freilich in die vollstreckungsrechtliche Röhre. Hilfreich ist hier ein in der Teilungserklärung/ Gemeinschaftsordnung vereinbartes Verwalterzustimmungserfordernis gemäß § 12 WEG, da hier die Eigentumsumschreibung bekannt wird oder – falls nicht – die Übereignung schwebend unwirksam wäre.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft Hamburg
www.wir-breiholdt.de